Kleiner Belt und Dänische Südsee

Die dänische Südsee auf eigenem Kiel war schon immer mein Traum. Weil mir das aber für 3 Wochen etwas wenig erschien haben wir noch den kleinen Belt mitgenommen – bis hoch nach Middelfart. Als Startpunkt haben wir die Marina Minde gewählt. Es gibt hier eine Sliprampe. Gelting hat nur einen Kran. Und der ist teuer. Und wenn man nach 18 Uhr kommt, ist keiner mehr da, der ihn bedient. Dann kommt man nicht mehr ins Wasser, und muss im Auto übernachten.

Sonnabend, 09.07.2011
Das letzte Argument erweist sich als gegenstandslos. Wir sind bereits 15:30 da. Zwar bin ich um 4 Uhr aufgestanden und wir sind 6 Uhr losgefahren, aber wir haben auch Glück gehabt: auf der ganzen Strecke Jena – Marina Minde nur ein einziger kleiner Stau auf der A21, der uns gerade mal eine Viertelstunde gekostet hat.
Die Sliprampe hat genau die richtige Steigung. Steil genug, dass das Boot aufschwimmt, ohne dass man die Hinterräder des Autos bis zur Achse versenken muss. Und flach genug, dass man Boot und Trailer – so hoffe ich jedenfalls – ohne größere Schwierigkeiten aus dem Wasser ziehen kann. Auto und Trailer kann ich oben auf dem großen Parkplatz kostenlos für 3 Wochen abstellen.
Zunächst ist Aufriggen angesagt. Den Mast kann man bei der FAM notfalls noch allein stellen. Beim Anblick des Berges von Gepäck auf dem Steg wird mir himmelangst, aber irgendwie bringen wir das Zeug im Boot unter. Die Staufächer, die ich seit dem letzten Urlaub eingebaut habe erweisen sich als sehr praktisch.
Als nächstes ist Fußball angesagt. Dank der Nähe zu Deutschland haben wir hier noch DVB-T-Empfang. Die deutschen Frauen unterliegen leider im Spiel gegen Japan und sind somit aus der WM ausgeschieden. Da die Entscheidung erst in der Verlängerung fiel, ist es sehr spät, als wir endlich in die Schlafsäcke kriechen.

Sonntag, 10.07.2011
Wir erwachen bei herrlichem Sonnenschein. Über Frühstück und einigen letzten Vorbereitungen wird es 12 Uhr, bis wir ablegen. Unter Motor fahren wir aus dem Hafen und setzen die Genua und das Großsegel. Wind etwa 3 und aus NW, genau die richtige Richtung. Bestes Segelwetter. Der Meinung sind anscheinend viele, außerdem ist Sonntag: in Richtung Flensburg ist der Horizont weiß von Segeln. Auch in Richtung Ostsee sind viele unterwegs, aber es geht trotzdem recht entspannt zu.


Durch den günstigen Wind brauchen wir nicht einmal kreuzen und erreichen gegen 16 Uhr den großen Yachthafen von Sønderborg. Entgegen meinen Befürchtungen sind noch ausreichend Boxen frei. Das Anlegemanöver ist verbesserungswürdig: Annas Arme sind zu kurz, um die Schlinge über den Pfahl zu legen. Ich bekomme zwar die Schlinge über den Pfahl, aber habe vergessen, das andere Ende des Festmachers am Boot zu fixieren…
Wir bezahlen das Liegegeld von 14 Euro, noch haben wir kein dänisches Geld, und laufen in die Stadt. Vor 5 Jahren war ich schon mal hier, mit meiner Frau, bei einem Törn mit dem Zweimaster Skylge. Ein Geldautomat ist schnell gefunden, ein Eiscafé nicht, da muss erst mal ein Eis aus der Eisbude auf dem Rückweg zum Hafen reichen.

Montag, 11.07.2011
11:25 fahren wir in Sønderborg los, wegen Klappbrücke und NW-Wind vorerst unter Motor. Von den Öffnungszeiten der Klappbrücke wissen wir nur, dass die jeweils nächste auf einer Digitalanzeige am Brückenpfeiler angezeigt wird. Als die Brücke in Sicht kommt, ist sie gerade offen. Vollgas hilft nicht, sie geht noch vor uns zu. Zum Glück ist die nächste Öffnung schon eine halbe Stunde später, 12 Uhr.
Den Als Sund hoch, fahren wir weiter unter Motor, kreuzend wären wir nur ein Verkehrshindernis, der Wind ist auch nur schwach. Die Kinder liegen auf dem Vordeck in der Sonne.


Halb zwei sind wir durch den Sund durch und setzen die Segel. Wir müssen kreuzen, der Wendewinkel ist mit der voll beladenen FAM miserabel, der Wind immer noch schwach. Letzteres ändert sich bald, der Wind wird stärker, so dass ich erst das Großsegel reffen und später sogar die Genua einrollen muss. Zum Wechsel auf die kleinere Fock bräuchte ich die Hilfe der Kinder, und da höre ich nur ein „öh, muss das sein?“. Na ja, lange hätte ich sie sowieso nicht stehen lassen können, dann wäre der Wind auch für die Fock zu stark. Das Kreuzen nur mit dem gerefften Groß geht fast besser als vorhin mit Genua und Groß bei schwachem Wind. Endlich umfahren wir die letzte Landspitze vor der Bucht die nach Dyvig führt, ein Fischer hat hier weit draußen noch eine Netzfahne platziert, was für uns einen Kreuzschlag mehr bedeutet. In die Bucht geht es nun mit schneller Fahrt mit Raumwind, leider ist die Bucht bald zu Ende, und die voraus fahrenden Boote holen vor der folgenden Engstelle alle ihre Segel ein. Obwohl es laut Wind und Karte ein Anlieger würde hole ich auch das Segel ein. Und das ist besser so, wer die Engstelle kennt, weis warum. Sie ist wirklich eng, aber gut mit Stangen gekennzeichnet.


Der Hafen Dyvig ist voll, aber ganz innen ist noch eine Box frei. Für die meisten ist die zu flach, aber wir können unser Schwert hochkurbeln. Da Anlegen gelingt nicht viel besser als gestern, diesmal ist der starke Seitenwind und die Hektik des Schwert hoch Kurbelns schuld.
Den Sprung vom Boot zum Steg schafft Dina nicht ganz. Mit den Vorderpfoten allein kann sie sich am Steg nicht festhalten. Sie plumpst ins Wasser und schwimmt an Land. Hoffentlich hat sie jetzt nicht immer Angst, beim Sprung auf den Steg oder aufs Boot zurück. Beim Hafenmeister bezahlen wir das Liegegeld, bestellen Brot und Brötchen und essen Eis.
Ein Mann fängt mit einem Kind Krabben. Die Methode ist einfach: An einem Faden hängt eine Wäscheklammer, in der sich eine offene Muschel befindet. Diese wird im klaren Wasser direkt vor der gewünschten Krabbe platziert. Die Krabbe greift nach der Muschel und hält sich daran fest. Man zieht sie hoch, bis kurz vor die Wasseroberfläche und nimmt sie mit einem Kescher, weil sie über Wasser los lassen würde. Das geht ratz fatz, alle 2 Minuten eine. Sorgen, dass die Krabben aussterben, muss man auch nicht haben, wie man durch das klare Wasser sehen kann, gibt es sehr viele.
Vor dem Schlafen gehen mache ich noch einen Spaziergang mit Dina, leider kann ich sie wegen der Straße nicht von der Leine lassen.

Dienstag, 12.07.2011
Heute soll es nach Årø gehen. Zum ersten Mal in diesem Urlaub eine größere freie Wasserfläche, 10 Seemeilen. Doch zunächst erst mal zurück durch die Engstelle und raus aus dem Als Fjord. Der Wind ist sehr schwach, deshalb erst mal alles unter Motor.
Am Ausgang des Als Fjord sehen wir zwei Schweinswale, etwa 50 Meter vom Boot entfernt. Zwei schwarze Rückenflossen, in südlichen Gewässern würde man zuerst an Haie denken.
Die große freie Wasserfläche liegt spiegelglatt da. Ich halte mich leicht östlich zum direkten Kurs, denn es sind zwei Schießgebiete zu umfahren. Außer uns sind noch einige andere Boote in die gleiche Richtung unterwegs. Mit Halbgas machen wir etwa 3,5 Knoten Fahrt. 15 Uhr sind wir bei Halk Hoved. Inzwischen ist ein leichter Wind aus West. Da wir gut in der Zeit liegen, setzen wir die Segel. So sind wir nicht besonders schnell, zumal wir vorn nur die Fock haben. Die hatte ich heute früh noch im Hafen drauf gemacht, da ich eher zu viel Wind befürchtete. Aber jetzt habe ich keine Lust, das Segel zu wechseln. Dafür hat es Anna eilig, weil sie einen vollen Hafen befürchtet.
Womit sie nicht ganz Unrecht hat. Der nicht all zu große Hafen ist auf den ersten Blick tatsächlich voll belegt. Aber der Hafenmeister hat für uns noch einen Platz ganz vorn im Flachen, wir müssen nur wieder das Schwert hoch kurbeln.

Mittwoch, 13.07.2011
Ich werde wach vom Regen, der auf das Boot trommelt. Mist. Ich drehe mich auf die andere Seite und schlafe noch eine Stunde. Als ich wieder aufwache regnet es immer noch. Die Kinder sind inzwischen auch wach, und wir alle haben Hunger. Ich ziehe Regensachen an und spanne erst mal eine Plane über die Plicht. Den Kocher betreibe ich nur außerhalb der Kajüte und ich brauche erst mal Kaffee. Das Frühstück gibt es heute mal in der Kajüte.
Eigentlich wollten wir heute weiter den Kleinen Belt hinauf nach Middelfart. Aber es regnet nicht nur, es ist auch Wind, 5 oder 6 Bft. Das ist mir zu viel. Es fährt auch sonst keiner los, außer einer Männercrew in einem Segelboot, dick verpackt in Ölzeug.
Allerdings brauchen wir Lebensmittel, und die wollten wir eigentlich heute Abend in Middelfart kaufen. Auf dem Campingplatz, anderthalb Kilometer entfernt soll es was geben. Anna und ich laufen los. Brot und Brötchen gibt es, wenn auch sehr teuer. Reis und Kartoffeln auch, aber mit Konserven sieht es dünn aus.
Die Kinder langweilen sich etwas. Zum Glück haben wir einen kleinen DVD-Player dabei und auch einige DVD’s, so dass die Kinder erst mal einen Film anschauen können. Ich nehme derweil den Kocher auseinander. An den Brennerkopf ist Wasser gekommen und er brennt nur noch zur Hälfte.
Irgendwie geht auch dieser Nachmittag vorbei, die Wetteraussichten für morgen sind allerdings auch nicht gerade rosig. Außerdem geht uns langsam das Bargeld aus. Ich hatte in Sønderborg 1000 Kronen abgehoben, das ist in Dänemark nicht viel.

Donnerstag, 14.07.2011
Der Tag beginnt nicht besser, als der gestrige. Wieder Regen und Wind. Doch gegen Mittag scheint sich das Wetter langsam zu bessern: Der Wind ist etwas schwächer geworden. Ich bespreche mit den Kindern alles Weitere. Ich werde mit Motor in Richtung Middelfart fahren. Etwa einmal pro Stunde muss ein Kind rauskommen, mit Regenzeug und Schwimmweste, und Kurs halten, damit ich nachtanken kann.
Kurz vor halb zwei fahren wir los. Auch einige andere trauen sich jetzt aus dem Hafen raus.
Der Wind kommt eigentlich schön von hinten. Da könnte man es ja auch mit Segeln versuchen. Ich lasse die Fock raus. Das bringt schon mal einen Geschwindigkeitszuwachs von einem Knoten. Der Versuch, das gereffte Großsegel zu setzen, endet allerdings im Desaster. Die Kinder schaffen es nicht, das Boot im Wind zu halten. Ich bin froh, als ich das Großsegel wieder am Baum vertäut habe.
Nur mit der Fock würden wir zwar auch 2 Knoten machen, aber mit Motor und nur wenig Gas sind es viereinhalb. Da wir spät losgefahren sind, lassen wir also den Motor laufen.
Später versuchen wir es noch mal mit dem Großsegel. Die Fock holen wir dazu ganz ein. So kann der Wind den Bug nicht aus dem Wind drehen, wenn die Kinder etwas vom Kurs in den Wind abkommen. Das klappt, und nachdem das Groß steht, lassen wir die Fock wieder raus und machen den Motor aus.
Das Boot liegt jetzt erstaunlich ruhig im Wasser. Es fährt nur wenig langsamer wie die Wellen, die von hinten anrollen. Der Regen hat fast aufgehört, und das Segeln macht jetzt richtig Spaß. So bedauere ich fast, dass wir schon da sind, als wir 17:45 in den Yachthafen von Middelfart einlaufen.
Als erstes gehen wir Lebensmittel einkaufen. Die kann man auch mit Karte bezahlen. Anschließend holen wir Bargeld am Automaten. Und dann geht es in die Pizzeria, das haben sich die Kinder heute redlich verdient. Allerdings müssen wir wegen des Hundes draußen sitzen.
Dänemark ist ja eigentlich ein sehr hundefreundliches Land. An vielen Stellen gibt es Haken für die Hundeleine. Es gibt viele Hundetoiletten und es sind fast immer Beutel da, was in Deutschland leider nur selten der Fall ist. Aber in Gaststätten dürfen Hunde nicht mit rein, das war uns schon in Sønderborg aufgefallen.

Freitag, 15.07.2011
Wir haben den nördlichsten Punkt unserer Reise erreicht. Ab heute geht es wieder Richtung Süden, jetzt auf der östlichen Seite des Kleinen Belt.
Für unsere Verhältnisse sehr früh, 10:45, fahren wir los, vorerst unter Motor. Nach 2 Seemeilen setzen wir die Segel. Der Wind kommt schwach aus Südwest, so dass wir gerade so nicht kreuzen müssen. Allzu schnell kommen wir so allerdings nicht vorwärts.
Mehrmals sehen wir wieder Schweinswale. Ich notiere mir die Uhrzeiten und die Positionen, da ich weis, dass es eine Webseite gibt, wo man die Sichtungen melden kann.
Der Wind bleibt schwach, und eine Zeit lang nehmen wir wieder den Motor. Dann jedoch frischt der Wind auf. Da wir inzwischen die rote Tonne an der Westspitze der Halbinsel Wedellsborg erreicht haben und auf Südostkurs gehen können setzen wir wieder die Segel. Dabei fegt mir das Großsegel mein Basecap vom Kopf. Einige Meter hinter dem Boot fällt es ins Wasser. Wir müssen die Segel vollständig hochziehen, erst dann können wir aus dem Wind drehen und wenden. Wir fahren ein lehrbuchmäßiges „Basecap über Bord Manöver“, aber weil das schwarze Basecap im dunklen Wasser schlecht zu sehen ist, brauchen wir mehrere Anläufe, um es zu bergen. Trotzdem gut, so was immer mal zu üben.
Das Boot segelt jetzt mit über 4 Knoten. Es hat sich in kurzer Zeit ziemlicher Wellengang aufgebaut. Als wir östlich von Bågø eine Tonne westlich passieren, um nicht so viel Höhe zu verlieren, haben wir kurz Grundberührung. Gut, das wir ein Schwertboot haben.
Bei der Geschwindigkeit ist der Hafen von Assens schnell erreicht. 16:15 machen wir an einem der vielen Stege fest. Das Anlegen klappt inzwischen ganz gut. Ich steuere und werfe die Schlinge auf Steuerbord über den Pfahl, Anna auf Backbord. Wiebke oder Ansgar stehen vorn und springen mit den Vorleinen auf den Steg. Für den Fall, das wir noch mal zurück müssen, weil eine Schlinge den Pfahl nicht getroffen hat, sind die Vorleinen aneinander geknotet. Das auf dem Steg stehende Kind kann dann verhindern, dass der Bug zu sehr seitlich abgetrieben wird.

Sonnabend, 16.07.2011
Da der Wetterbericht nach einigen Regentagen für heute etwas Sonne angekündigt hat, haben wir heute einen „Strandtag“ geplant. Und als wir aufwachen scheint tatsächlich die Sonne.
Da wir nicht wissen, wann in Dänemark am Sonnabend die Läden zu machen, gehen wir als erstes Einkaufen. Besonders Lebensmittel sind nötig, die Kinder wollen noch Ansichtskarten.
Am Strand ist es zwar sonnig, aber auch windig und dadurch kühl. Die Kinder sind trotz dem lange im Wasser, sie sind wie immer kälteresistent.


Anschließend gehen die Kinder der Reihe nach duschen, ich reinige inzwischen den Tank des Außenbordmotors. Gestern haben wir den ersten 5-Liter-Kanister leer gefahren. Beim Einfüllen der letzten Benzinreste aus dem Kanister ist auch eine ganze Menge Dreck im Tank gelandet. Der Kanister ist alt, und der Lack hat sich an der Innenseite abgelöst. Deshalb baue ich jetzt den Tank aus, und schütte den Inhalt durch ein Tuch gefiltert zurück in den Kanister und dann noch mal durch ein Tuch gefiltert wieder in den Tank.
Abends schaue ich noch mal beim Hafenkontor nach dem Wetter für morgen. Sehr rosig sieht es nicht aus: Wind 8 m/s und Regen für die kommenden 3 Tage. Ein Familienvater versucht seiner Familie gerade schonend beizubringen, dass sie noch 3 Tage hierbleiben müssen. Dabei haben die sicher ein größeres Boot als wir. Hoffentlich können wir fahren.

Sonntag, 17.07.2011
Das Wetter ist wie angekündigt: starker Wind, wenn auch noch kein Regen. Erst mal Frühstück in der Kajüte. Danach abwaschen und mal an den Strand. Der Wind kommt aus Süd mit etwa Stärke 5. Die Wellen sind nicht allzu groß. Da ist aber auch noch eine vorgelagerte Landspitze, die dürfte einiges abschirmen. Wir wollen nach Faldsled oder auch nach Faaborg. Das hieße erst mal einige Seemeilen genau gegen an. Mit 2,5 PS. Eine längere freie Seestrecke. Auch wenn es nur der kleine Belt ist.
Trotz dem wollen wir es versuchen. Der Motor wird bis oben hin vollgetankt. Anna und ich ziehen die Schwimmwesten an und bleiben draußen. Wiebke und Ansgar wollen lieber drin bleiben. Na ja, schön ist es hier draußen wirklich nicht. Ein leichter Nieselregen hat angefangen.
Leinen los. Im Hafenbecken ist es erst mal noch ruhig. Draußen nicht mehr, aber noch erträglich. Ganz bis zur Nordtonne fahre ich nicht, wir wollen ja genau in die andere Richtung. Mit einem Schwertboot kann ich mir die Abkürzung leisten. Dann Kurs Südwest, genau in ein Regengebiet hinein. Und dann ist er auch schon da, der Regen. Große Tropfen die richtig wehtun. Dichter als unter der Dusche. Das Wasser rings ums Boot kocht.
Aber genau so schnell, wie es angefangen hat, hört es auch wieder auf. Nur noch Nieselregen, genau von vorn. Wie schön. Es ist halt alles relativ.
Die Wellen werden höher, einen reichlichen halben Meter etwa. Für unser Boot eine ganze Menge. Ich habe das Gefühl, wegen den Wellen kaum voran zu kommen. Sollten wir doch lieber umdrehen? Eine Messung ergibt aber mehr als 4 Knoten Fahrt durchs Wasser. Selbst wenn man etwas wegen Welle und möglicher Strömung abzieht, 3 Knoten über Grund sind es mindestens. Also weiter.
Alle 40 Minuten tanken wir nach. Dann muss Anna die Pinne nehmen und ich muss aufpassen, dass beim Einfüllen der Trichter nicht wegfliegt. Das ist mir mal bei Kap Arkona passiert.
Reichlich drei Stunden sind wir jetzt unterwegs. Der Leuchtturm Helnæs auf der gleichnamigen Halbinsel ist erreicht. Mehr als die Hälfte der Strecke bis Faldsled ist geschafft. Wir können jetzt etwas nach Südost abdrehen. Da der Wind etwas nach Südwest gedreht hat, haben wir den Wind fast von der Seite.
Wir tanken noch mal nach. War da nicht gerade die Motordrehzahl etwas abgesackt? Nein, das war sicher nur eine Welle, da klingt das manchmal so. Aber da, wieder? Oder doch nicht?
Kurz darauf ist es Gewissheit: Der Motor verliert an Leistung! Ich überprüfe noch mal alles: Der Kühlwasserstrahl ist da, auch nicht heißer als sonst. Der Benzinhahn ist ganz offen, der Gasgriff am Anschlag.
Die Drehzahl sinkt immer mehr. Und dann bleibt der Motor stehen. Normalerweise ist man froh, wenn der Motorlärm verstummt, aber die jetzt eintretende Stille hat etwas Unheimliches.
Noch hat das Boot etwas Fahrt, noch ist es steuerbar. Das muss auch so bleiben, Fahrt ist erst mal das wichtigste, damit wir nicht quer zu den Wellen treiben. Also die Fock raus. Sie ist das kleinste Segel. Höhe machen kann man damit nicht. Reicht es um das nächste Kap herum? Wenn nicht, ist umkehren immer noch möglich. Nur unter Fock mit zwei Knoten zurück nach Assens. Aber ärgerlich wäre das schon.
Ich versuche so hoch am Wind wie möglich zu fahren, was bei der FAM nur unter Fock aber immer noch mehr als 90 Grad zum Wind sind.
Ich peile über das Kap. Tatsächlich, wir kommen rum. Langsam schiebt sich Busch um Busch und Baum um Baum der dahinter liegenden Landschaft hinter dem Kap hervor. Aber wirklich langsam. Schneller fahren auf Kosten der Höhe geht nicht. Wir brauchen jeden Meter.
Wenn wir weiter so schleichen, brauchen wir eine Woche bis zum Kap, trotz Windstärke 5. Anna erklärt mich für verrückt, als ich beschließe, das Großsegel zu setzen, da wir ohne Motor nicht ganz in den Wind drehen können. Aber das Reff ist von Vorgestern noch eingebunden, und die Fock können wir ja dann wegrollen.
Anna sitzt wieder an der Pinne. Ich ziehe das Segel erst mal so hoch es geht. Dann kommt der entscheidende Moment: Um mit der Spreizlatte an der Saling vorbeizukommen, müssen wir weiter in den Wind. Bei der geringen Fahrt, die wir machen, geht das nur für einige Sekunden. Aber Anna schafft es. Es reicht gerade so noch, um das Fall durchzusetzen. Schnell noch ein paar Kreuzschläge um die Klampe und einen Kopfschlag. Anna hat das Boot wieder etwas abfallen lassen und wir tauschen wieder die Plätze. Vorsichtig hole ich das wild schlagende Großsegel dicht. Es geht besser, als ich dachte. Mit allen Kindern auf der Steuerbordseite segelt das Boot immer noch aufrecht und wir können sogar die Fock stehen lassen.
Das Kap ist nun kein Problem mehr, und die Geschwindigkeit auch nicht. Wir sind gar nicht mehr so viel langsamer als die wenigen anderen Boote, die außer uns noch unterwegs sind.
Der Wind bleibt gleich, aber als wir in die Bucht Richtung Faldsled einfahren, lassen die Wellen nach. Das Boot fährt noch schnell, jedoch ruhig und gleichmäßig. Ich kann in Ruhe über das Motorproblem nachdenken. Ein Zündungsproblem ist es nicht, dann stottert der Motor, oder geht plötzlich ganz aus. Ich versuche, noch mal zu starten. Erst nichts, aber mit Choke tourt der Motor kurz hoch und geht dann wieder aus. Also kein Benzin. War doch noch Dreck im Tank? Oder war der Dreck bereits im Vergaser, und ist durch die Schaukelei doch noch in einer Düse gelandet? Oder ist beim Tanken im Regen Wasser rein gekommen? Die Belüftungsschraube oben am Tankdeckel kann es ja nicht sein, schließlich ist der Motor ja vorher 3 Stunden gelaufen. Kontrollieren kann man ja mal. Ich drehe daran und höre ein leises Zischen.
Mann, bin ich blöd. Diese dämliche Schraube. Ein Anfängerfehler. Vielleicht bin ich beim letzten Tanken dran gekommen. Oder sie hat sich durch die Vibrationen des Motors bei Vollgas langsam zugedreht. So was kommt vor. Warum habe ich nicht gleich an diese Schraube gedacht? Einen kleinen Moment warten, dass das Benzin nachlaufen kann, dann kommt der Motor auf den ersten Zug.
Ich versuche es positiv zu sehen: Ich muss den Vergaser nicht zerlegen, es ist nichts kaputt. Wir sind mehr gesegelt, sonst hätte ich gewartet, bis wir in der Bucht sind. Und wir bekommen das Großsegel auch ohne Motor hoch.
Die Kinder sind jedenfalls zufrieden. Sie haben ein Abenteuer erlebt. Motorschaden auf hoher See. Das erlebt nicht jeder. Anna hatte sich schon beschwert, dass man nichts auf die Postkarten schreiben kann. Letztes Jahr ist wenigstens Ansgar ins Hafenbecken gefallen, dieses Jahr war es bloß der Hund. Letztes Jahr mussten wir bei Nacht und Sturm über den Bodden fahren, einen neuen Ankerplatz suchen. Na gut, bei der Fahrt war sie auch froh, als sie vorbei war.
Das Inselgewirr in der Bucht umfahren wir südlich und laufen kurz vor sechs Uhr in den Hafen von Faldsled ein.
Am Kiosk essen wir Eis, das haben sich die Kinder heute verdient. Dann machen wir klar Schiff. In der Bilge, wo aber auch unsre Füße sind, wenn wir am Tisch sitzen und nachts der Hund schläft, schwappt das Wasser 2 cm hoch umher. Einige Polster, Kleidungsstücke und Schlafsäcke sind nass geworden. Die eine oder andere Welle hat wohl doch zumindest teilweise den Weg durch den Schwertkasten ins Bootsinnere gefunden.


Nach der Trockenlegung koche ich Essen. Und nach dem Essen schauen wir im Fernsehen noch das Endspiel der Frauenfußball WM, USA gegen Japan.

Montag, 18.07.2011
Ansgar hat heute Geburtstag. Er bekommt eine Wasserpistole, die hatte er sich in Assens ausgesucht. Den Rest der Geschenke bekommt er erst zu Hause, auf dem Boot war einfach kein Platz dafür.
Heute bleiben wir im Hafen. Der Wind ist immer noch so stark wie gestern. Die Kinder haben keine Lust, noch mal nass zu werden. Besonders, das die Schlafsäcke nass geworden sind ist unangenehm. Auch zum Schlauchboot fahren sind selbst hier in der Bucht die Wellen zu hoch. Nach einer kurzen Probefahrt sind Ansgar und ich glitsch nass.

Dienstag, 19.07.2011
Heute soll es endlich weiter gehen, nach Faaborg, die Kinder wollen mal wieder Pizza essen. Über Land sind es nur 5 Seemeilen, übers Wasser wesentlich weiter. Der Wind kommt immer noch aus Süden, aber deutlich schwächer.
Kurz vor elf geht es los, unter Segel, Anna sitzt an der Pinne. Heute umfahren wir die Inseln nordwärts, dafür müssen wir durch die Durchfahrt zwischen den Inseln und Helnæs kreuzen. Dafür setze ich mich wieder ans Steuer. Man muss doch immer sehr zirkeln, wenn man mit der FAM Höhe machen will.
Um die Halbinsel Hornenæs zu umfahren machen wir für 2 Seemeilen den Motor an. Kreuzen würde auch gehen, aber wir würden für die Strecke über eine Stunde benötigen und die Kinder wollen ihre Pizza. Nach dem Kap können wir wieder segeln und als es hinter Lyø wieder auf Südost geht, hilft ein Winddreher, so dass wir auch hier nicht kreuzen müssen. Das Fahrwasser nach Faaborg ist mit Untiefen und Tonnen gespickt. Trotz des Vorwindkurses den wir jetzt fahren können, sind wir nicht besonders schnell, denn der Wind hat merklich nachgelassen. Halb sechs legen wir in Faaborg an.
Wir kaufen noch Lebensmittel im Supermarkt ein, und dann geht es ab in die nächste Pizzeria.

Mittwoch, 20.07.2011
Früh um sieben klingelt das auf Wecken gestellte Handy. Für Urlaub eigentlich eine unmenschliche Zeit, aber ich möchte Wäsche waschen. Natürlich ist die Waschmaschine schon besetzt, als ich mit meiner Wäsche anrücke. Längst fertig.
Wahrscheinlich hat das gestern Abend jemand rein getan, die Maschine gestartet und ist dann gegangen. Wer weiß, wann der kommt, um sein Zeug zu holen. Ich hatte gestern Abend auch daran gedacht, aber ich fand es unfair.
Auf der Waschmaschine liegt so ein Spiral-Wäschebehälter. Ich tu die Wäsche aus der Maschine rein und starte dann meine Wäsche. Während die Maschine wäscht gehe ich zum nächsten Bootsausrüster Gaskartuschen kaufen. Der Verbrauch war höher, als ich dachte. Dann zerlege ich Ansgars Wasserpistole. Sie funktioniert nicht mehr. Aus dem Schlauch, der das Wasser aus dem Tank saugt, entferne ich die Reste eines Ohrenkniepers, einen weiteren hatten wir schon gestern aus dem Tank entfernt. OK, geht wieder.
Die Waschmaschine ist noch nicht ganz fertig, als ich zurückkomme. Aber mein Vorgänger hat seine Wäsche geholt. Trocknen ist mühsam: Man kann immer nur eine Münze für 15 Minuten einwerfen. Nach 15 Minuten dann die nächste für die nächsten 15 Minuten. Nach 3 Münzen ist die Wäsche halbwegs trocken und wir können frühstücken. Anna entdeckt dann noch im Wäschebeutel 2 rosa Söckchen, die nicht uns gehören. Die habe ich scheinbar beim Ausräumen der Wäsche meines Vorgängers übersehen.
Dann geht es endlich los. Viel Wind ist nicht, aber wir segeln trotz dem. Anna sitzt an der Pinne. Ein Fischerboot ist mit uns auf Kollisionskurs. Anna fragt vorsichtshalber noch mal nach. Das Fischerboot fährt ohne Stundenglas. Der muss also ausweichen. Tut er aber nicht. Ich übernehme die Pinne und kann nun anhand eines praktischen Beispiels zeigen, was das Manöver des letzten Augenblicks ist. Als wir passieren, können wir sehen, dass das Steuer gar nicht besetzt ist.
Der Wind bleibt schwach, deshalb nehmen wir bald den Motor. Die Sonne scheint, deshalb machen wir später noch eine Badepause. Danach ist auch der Wind wieder da, ideal aus Südwest, und wir fahren Schmetterling bis Ranzausminde, 3 Seemeilen vor Svendborg, wo wir gegen halb sechs anlegen.
Die Eispreispolitik in Dänemark ist seltsam. Eine Kugel kostet 15 Kronen, 2 Kugeln kosten 20 Kronen, 3 Kugeln kosten 25 Kronen. Dann ist noch die Randbedingung zu beachten, dass eine Kugel zwei Kugeln sind, manchmal auch drei. Außerdem weiß man vorher nie, wie groß die Kugeln nun sind. Das Ergebnis heute sind jedenfalls 4 Riesenportionen, so dass Anna ihre Portion nicht schafft.

Donnerstag, 21.07.2011
Kurz nach elf Uhr legen wir ab. Der Wind ist recht kräftig, deshalb erst mal nur unter gerefftem Großsegel. Weiter geht’s durch den Svendborgsund. Wir müssen relativ hoch am Wind segeln, außerdem dreht der Wind ständig. Die meisten anderen Boote fahren deshalb mit Motor, selbst die, die uns entgegen kommen und günstigeren Wind haben.


Hinter Svendborg biegt der Sund nach Süden ab und nun ist der Wind für uns günstiger. Ein deutscher Segler kreuzt eisern den Sund herauf.
Nach dem Sund, auf der freien Wasserfläche wird der Wind stärker und die Wellen höher. Es ist etwas diesig, und es dauert eine ganze Weile, bis wir die ersten Tonnen sehen, die das Fahrwasser nach Rudkøbing markieren. Bevor wir in das Fahrwasser einfahren bergen wir das Großsegel und rollen die Fock aus, denn der Wind wird immer stärker. Trotz des starken Windes machen wir mit der Fock nur noch 2 Knoten. Deshalb brauchen wir noch über eine Stunde, bis wir im Hafen von Rudkøbing einlaufen.
Im Nieselregen gehe ich noch Lebensmittel einkaufen. Die Wetteraussichten für die nächsten Tage sind schlecht.

Freitag, 22.07.2011
Das Wetter ist tatsächlich miserabel, Regen und Wind. Am Hafenkontor liegen Hefte aus, mit Informationen, was man auf Langeland alles machen kann. Die meisten Angebote sind für uns allerdings unbrauchbar. Die Strände sind bei dem Wetter nicht so toll. Da wir kein Fahrzeug haben sind viele Dinge zu weit entfernt. Museen finden die Kinder nicht so toll, in die meisten kommt man mit Hund auch nicht rein.
Ein Kino gibt es auch. Da kommt Kung Fu Panda 2. Sogar in 3D. Ich erzähle es den Kindern mehr nebenbei. Aber sie haben Lust, auch wenn es natürlich auf Dänisch ist. Na ja, so kompliziert wird die Handlung nicht sein, das man für das Verständnis auf die Sprache angewiesen ist. Wiebke hat den Film schon gesehen, die kann man notfalls fragen, wenn etwas unklar ist. Ich werde draußen bleiben müssen, um auf den Hund aufzupassen. Aber die Kinder möchten, dass ich die Karten kaufe, das trauen sie sich auf Dänisch nicht zu.
Da kann ich an der Kasse ja mal fragen, ob ich auch mit Hund rein darf. Ernsthaft glaube ich nicht daran. Dina war zwar auf Usedom mal mit im Kino, aber das war so ein Zeltplatzkino aus Wellblech mit Betonfußboden und Holzbänken. Hier ist Teppich und Plüsch. Gut, dass ich vor dem Urlaub noch etwas Dänisch gelernt habe. Ich bin zwar nur bis zur Lektion 2 gekommen, aber die Wörter „sehr“ und „ruhig“, mit denen ich unseren Hund beschreibe, kamen schon dran. Und oh Wunder: der Hund darf mit rein. Ich soll mich zwar an den Rand setzen, und wenn der Hund unruhig wird, raus gehen, aber da mache ich mir wenig Sorgen. Zu Hause, wenn wir Fernsehen liegt der Hund auch ruhig unter dem Tisch.
Nach dem Kino kaufen wir am Hafenkiosk noch Hähnchen mit Pommes, die wir, da der Hund nicht mit in den Kiosk darf, auf dem Boot essen.

Sonnabend, 23.07.2011
Das Wetter ist noch schlechter als gestern. Besonders der Wind hat zugenommen, so dass das Boot sogar im Hafenbecken schaukelt. Der Tag vergeht mit den nötigsten Arbeiten: Lebensmittel kaufen, Essen kochen, Campingklo leeren. Letzteres ist in Dänemark in fast allen Häfen problemlos möglich. Meist ist ein extra Becken vorhanden, mit Schlauch zum ausspülen. Da könnten sich die deutschen Häfen echt mal eine Scheibe abschneiden. Da steht meist nur, dass es verboten ist, teilweise sogar mit Strafandrohung.


Durch die viele Nässe ist es auf dem Boot recht feucht geworden. Nachts bildet sich Kondenswasser, das tropft von der Decke, oder läuft an den Wänden runter, in die Polster. Da hilft auch nicht lüften, das Hygrometer beim Hafenmeister zeigt für Außen 95% relative Luftfeuchtigkeit, da trocknet auch nichts mehr. Einige Polster sind nicht mehr feucht, sondern regelrecht nass. Wenn man sich drauf setzt, sitzt man in einer Pfütze. Vor dem Schlafen gehen trockne ich zwei Schlafsäcke und einige Kleidungsstücke im Trockner. Der Trockner hier im Hafen ist schnell. In 30 Minuten ist alles trocken, und die Wäsche beim Rausnehmen so heiß, dass man sich fast die Hände verbrennt.

Sonntag, 24.07.2011
Das Wetter ist immer noch besch…eiden. Einzig der Wind hat etwas nachgelassen. Das rede ich mir jedenfalls ein. Denn ich habe die Nase voll und möchte endlich weiter fahren. Am Freitag müssen wir nach Hause fahren, also müssen wir am Donnerstag in Marina Minde sein. Wir wollen aber noch wenigstens Marstal und Avernakø besuchen. Da bleiben nicht mehr viele Reserven. Wenn das Wetter schlecht sein sollte, können wir nicht direkt über den kleinen Belt fahren, sondern müssen hinten rum durch den Alssund fahren.
Also werfen wir nach einem späten Frühstück die Leinen los. Aus dem Hafen raus sind die Wellen noch erträglich. Die Sicht ist schlecht, gerade so, dass man rechts die Brücke und links in der Richtung, wo wir hin wollen, die nächsten zwei Tonnen sieht. Ich fahre mit 2/3-Gas, ich möchte nicht zu oft nachtanken müssen. Dann muss jedes Mal ein Kind hier raus, in den Regen, zum Steuern, und es regnet in den Tank. Marstal ist zum Glück nur 8 Seemeilen entfernt. Segeln möchte ich auch nicht, erstens wäre es genau gegen den Wind, und zweitens habe ich mit Kurshalten und Wellen genug zu tun.
Mit uns ist noch eine etwas größere Yacht ausgelaufen, die fährt etwas schneller als wir. Je weiter wir raus fahren, umso höher werden die Wellen. Wir passieren eine Leuchttonne, nach dieser macht das Fahrwasser einen leichten Knick nach links. Ich peile den neuen Kurs, die nächste Tonne in dieser Richtung ist noch nicht zu sehen. Die andere Yacht läuft weiter gerade aus auf die Insel Strynø zu und verschwindet hinter Regenschleiern. Ich fahre jetzt nach Kompass, aber die nächste Tonne will nicht auftauchen und die letzte Tonne ist durch den Regen auch kaum mehr zu sehen. Die Wellen sind inzwischen etwa 1 Meter hoch.
Das wird mir zu unsicher. Wenn ich jetzt weiter fahre, habe ich nur noch den Kompass. Meine Geschwindigkeit kann ich wegen den Wellen nur sehr ungenau schätzen. Eine Abdrift kommt auch noch hinzu. Ich drehe um.
Mit dem Wind liegt das Boot auch wieder viel ruhiger. An der Tonnenreihe fahren wir zurück. Aus dem Dunst hinter uns taucht plötzlich eine Fähre auf. Groß und schon sehr nah. Wir weichen aus. Dann fahren wir in den Hafen und legen uns wieder in die gleiche Box, aus der wir vor knapp 2 Stunden los gefahren sind.
Wir sind um einige nasse Klamotten reicher. Wieder bringen wir nasse Schlafsäcke und Bekleidung zum Trockner. Einziger Trost: nach 3 Nächten ist die 4 Nacht, wenn man die Quittungen vorlegt, gratis. Und der Wetterbericht sagt für die nächsten Tage richtig gutes Wetter voraus!

Montag, 25.07.2011
Das Wetter ist tatsächlich schön. Nicht direkt Sonnenschein, aber man kann mal wieder im Freien frühstücken. Kurz nach 11 Uhr geht es los. In der Fahrrinne erst noch mit Motor, weil der Wind uns direkt entgegen kommt. Kurz vor der Ansteuerungstonne setzen wir die Segel. Wir müssen kreuzen, aber heute haben wir Zeit, Marstal ist nicht so weit entfernt. Der Wind kommt etwa mit Stärke 3, da kommt man noch halbwegs vorwärts. Trotzdem dauert es bis nach 4 Uhr, bis wir die Ansteuerungstonne Marstal erreichen. Ab hier nehmen wir wieder den Motor.
Im Fahrwasser ist viel Verkehr. Und der Hafen ist voll. An den Enden der Stege liegen schon dicke Päckchen. Aber dichter am Ufer wird das Wasser flacher, hier kommen die meisten Boote nicht mehr hin. Wir kurbeln das Schwert hoch und können uns sogar noch eine Box unter mehreren aussuchen.


Der Hafen ist schön. Mag sein, dass er nicht jedermanns Sache ist, wer die Ruhe liebt ist hier falsch. Ein großer Spielplatz ist da, Ansgar hat bald ein paar Jungs zum Spielen gefunden. Und die Sonne scheint auch wieder.
Nach dem Abendbrot gehe ich noch eine Runde durch den Ort und durch den Hafen. Die Kinder sind wieder auf dem Spielplatz.

Dienstag, 26.07.2011
Ich stehe zeitig auf, da ich vor dem Frühstück noch einkaufen gehen will. Der Supermarkt ist am anderen Ende des Orts. Wir brauchen Lebensmittel und vor allem Müllbeutel. Die wollen wir über die Polster ziehen. Nicht um die Polster vor Nässe zu schützen. Die sind nass. Sondern um die Schlafsäcke vor der Nässe, die in den Polstern ist, zu schützen.
Nach dem Frühstück geht es wieder los. Wir wären gerne noch einen Tag hier geblieben. Ansgar hätte sich gern wieder mit seinen Jungs von gestern Abend getroffen und ich hätte mir gern das Seefahrtmuseum angeschaut. Aber unsere Puffertage sind aufgebraucht.


Es ist mehr oder weniger windstill, und so fahren wir unter Motor los. Bei ruhigem Wasser ohne Wind kommt man schon mit wenig Gas auf 3,5 Knoten. So müssen wir selten nachtanken. Dafür verlangt die Navigation eine Menge Aufmerksamkeit. Es gibt hier verwirrend viele Inseln und Untiefen.
Die meisten anderen Boote fahren wie wir unter Motor. Nur ein paar große Traditionssegler dümpeln mit schlaffen Segeln herum.


Zwischen Drejø und Skarø setzen auch wir die Segel. Der Wind ist allerdings so schwach, das wir für eine Badepause die Segel gar nicht runter nehmen müssen. Aber man verschätzt sich leicht: hinter dem Boot her schwimmen ist doch gar nicht so einfach.



Später nehmen wir wieder den Motor, schließlich wollen wir irgendwann ankommen. Um 6 laufen wir in den Hafen von Avernakø ein. Auch hier finden wir nur dank unseres aufholbaren Schwertes noch eine freie Box.


Mit den Kindern fahre ich der Reihe nach noch eine Runde mit dem Schlauchboot. Sogar mit Anna komme ich noch ins Gleiten, erstaunlich, mit 2,5 PS. Allein geht es noch besser, aber selbst bei dem ruhigen Wasser ist es ein elendes Geschwabbel mit dem Lattenboden in Gleitfahrt. Ganz dicht vor der Hafeneinfahrt ist sogar noch mal ein Schweinswal zu sehen.
Nach dem Abendbrot gehe ich noch mal durch den Ort und dann die Straße weiter in Richtung des östlichen Teils der Insel. Dina kann hier frei laufen, es fahren nur wenige Autos.
Vor 5 Jahren, 2006, bin ich diese Straße mit Beate lang gelaufen.


Auf dem Rückweg kaufe ich mir noch ein Eis. Es gibt hier so eine Mischung aus Kaufmann und Kneipe, und das ist sogar jetzt noch nach um 21 Uhr, offen.

Mittwoch, 27.07.2011
Wir legen für unsere Verhältnisse früh, noch vor um 11, ab. Das Wasser ist spiegelglatt, wie ein Ententeich. Heute wollen – oder müssen - wir den kleinen Belt überqueren. Das ist jetzt die größte freie Wasserfläche dieses Urlaubs.
Bei Wind und Welle wäre es schon etwas aufregend gewesen, bei stärkerem Wind je nach Richtung vielleicht sogar unmöglich. Aber so ist es ganz gemütlich. Die Kinder haben sich alle eine bequeme Ecke gesucht und dösen. Selbst ich lege mich manchmal für ein paar Minuten hin, und schaue nur mit einem halben Auge auf den Kompass, um den Kurs zu halten. Der Motor brummt zufrieden mit Halbgas vor sich hin.
Außer uns sind noch einige Boote in der gleichen Richtung unterwegs. Komischerweise haben viele von denen noch das Großsegel gesetzt, obwohl nicht der leiseste Windhauch zu spüren ist. Und natürlich hat keiner von denen einen Kegel, Spitze nach unten, gesetzt. Wir haben das hier in Dänemark schon öfter beobachtet.
Eine Fähre kreuzt unseren Weg, hier mitten auf dem Meer.


Die gegenüber liegende Küste taucht langsam auf. Etwas weiter rechts war sie von Anfang an zu sehen. Jetzt kann ich mich auch wieder an Landmarken orientieren, bis hier war ich nach Kompass gefahren.


Nach etwa 3 Stunden haben wir Pølshuk erreicht. Nun sind wir wieder in der Flensburger Förde. Hier weht ein schwacher Wind. Wir versuchen es noch mal mit Segeln, aber die wahre Freude ist das nicht.
Um 6 legen wir im Yachthafen von Sønderborg an. Hier sind wieder ausreichend Boxen frei. Vor 17 Tagen waren wir schon einmal hier, unsere Runde haben wir jetzt geschlossen. Den Hafen kennen wir nun schon, meine Kinder können sich sogar noch an den Code vom Sanitärgebäude erinnern.
Wir gehen noch mal in die Stadt. Es ist irgendwie ein komisches Gefühl: einerseits als wäre man erst vor kurzem schon mal dagewesen, andererseits ist es schon so lange her. Damals hatten wir den Urlaub noch vor uns, jetzt ist er fast vorbei.

Donnerstag, 28.07.2011
Für heute war kräftiger Wind angesagt, und das scheint sich zu bestätigen. Gleich nach der Hafenausfahrt machen wir den Motor aus. Heute wollen wir noch mal so richtig segeln. Der Wind kommt zwar genau aus Nordwest, also so ziemlich aus der Richtung, in die wir wollen, aber was soll’s. Vorerst geht es ja nach Süden, und da geht es so richtig vorwärts. Ausnahmsweise können wir mal ganz gut mit den anderen Booten mithalten, die hier sehr zahlreich vertreten sind. Der Wind frischt auf, auf schätzungsweise 5 Bft. Wir haben vorn die Fock und machen jetzt auch das Reff ins Großsegel. Dann geht es in den inneren Teil der Förde, und damit genau nach Nordwest.
Das Kreuzen ist zwar anstrengend und mit unserem Wendewinkel auch langwierig, aber es mach auch Spaß, sich hier „ehrlich“ ohne Motorunterstützung hoch zu arbeiten. Wegen des Windes fahren wir die Schoten aus der Hand. Zuerst hält Anna lange Zeit die Vorschot, später wechseln sich die Kinder ab, weil sie schon nach kurzer Zeit Schot halten kaum mehr die Hände auseinander bekommen.
Dann geht es noch ein paar Meilen mit halbem Wind nach Nordost. Marina Minde kommt in Sicht. Noch ein paar kurze Kreuzschläge, dann sind wir da. Wir legen uns in eine Box ganz in der Nähe der Slipanlage.
Zum Abschluss wollen wir heute noch mal Pizza essen gehen. Auf der Hinfahrt haben wir in einigen Kilometern Entfernung eine Pizzeria gesehen, da wollen wir mit dem Auto hinfahren. Deshalb bemerken wir das Drama noch heute Abend: Das Salzwasser vom Einslippen hat ganze Arbeit geleistet, die Hinterradbremsen sind fest gerostet, obwohl ich die Handbremse natürlich nicht angezogen hatte. Die Vorderräder graben sich bis zu den Achsen ein, aber das Auto rührt sich keinen Millimeter. Mit dem Wagenheber heben wir die Räder wieder hoch und packen große Steine unter. Neuer Versuch, ohne Erfolg.
Ich bin ADAC-Mitglied. Aber wer weis, wie lange das im Ausland dauert, bis die kommen. Und dann bringen die einen vieleicht auch nur in die nächste Werkstatt. Lieber nicht.
Ich baue die Hinterräder ab und schlage mit einem Stein mit vorsichtigen aber trotzdem kräftigen Schlägen auf die Bremstrommeln. Schwarzer Staub rieselt heraus. Räder wieder dran, neuer Versuch – nichts. Doch halt, nur drei Räder haben sich eingegraben: die beiden Vorderräder vom durchdrehen, und das rechte Hinterrad. Das linke Hinterrad ist offensichtlich bei den vielen Anfahrversuchen die paar Zentimeter sauber vor und zurück gerollt. Hier haben die Schläge auf die Bremstrommel scheinbar geholfen.
Was bei dem einen Rad hilft muss bei dem anderen auch funktionieren. Also noch mal die Vorderräder rausgehoben und das rechte Hinterrad ab. Ich bearbeite die Bremstrommel lange und ausdauernd mit dem Stein. Dann ein weiterer Versuch und – ich fahre. Gut dass wir das noch heute entdeckt haben. Über eine Stunde haben wir gebraucht. Die Pizza haben wir uns jetzt jedenfalls redlich verdient.

Freitag, 29.07.2011
Heute geht es nach Hause. Wir räumen das Boot aus. Die nassen Polster und ein paar voluminöse Sachen bleiben drin. Da können wir uns zu Hause in Ruhe drum kümmern. Sauber machen können wir dann auch. Das ist der Vorteil, wenn man ein eigenes Boot hat. Das Slipen klappt problemlos.
Insgesamt gesehen ein schöner Urlaub. Das Wetter hätte etwas besser sein können. Die drei Tage Regen und Sturm in Rudkøbing waren nervig. Da hätten wir uns lieber etwas mehr von der dänischen Südsee angesehen. Vielleicht ein Ruhetag in Marstal und noch ein, zwei Inseln. So ein Glück mit dem Wetter wie letztes Jahr kann man halt nicht immer haben. Vielleicht ein anderes Mal. Für nächstes Jahr haben wir erst mal die Stockholmer Schären ins Auge gefasst.
So zwischen um 11 und um 12 fahren wir los und sind nach 2 kleineren Staus und viel Regen abends um 23 Uhr zu Hause.

Boot

Länge über Alles: 5,40 m
Breite über Alles: 2,05 m
Tiefgang ohne/mit Schwert: 0,3/1,1 m

Segelfläche:

Großsegel: 10,7 Quadratmeter
Fock: 4,5 Quadratmeter
Genua: 8,3 Quadratmeter

Verdrängung:
Boot: 435 kg
4 Personen, 1 Hund: 215 kg
Gepäck: etwa 120 kg
Gesamt: etwa 770 kg

Motor: Außenbord, 2,5 PS, 1 Liter Einbautank

Elektrik:

Batterie: 12V, 7Ah
Solarpanel: 20W, Fläche 40 cm * 40 cm
BSH-Beleuchtung (Zweifarblaterne, Hecklicht, Toplicht)
4W Leuchtstoffröhre zur Kajütbeleuchtung
für diverse Ladegeräte (Handy, Kamera) ein selbst gebauter Rechteck-Wechselrichter

Törndaten

Gesamtstrecke: 196 Seemeilen / 363 km
gesegelte Strecke: 103 Seemeilen
Strecke unter Motor: 93 Seemeilen
Benzinverbrauch: 18 Liter
Die Entfernungen wurden jeweils abends auf der Karte ermittelt. Kreuzschläge wurden dabei nicht berücksichtigt. Die gesegelte Strecke und damit auch die gesamte Strecke dürfte deshalb etwa 20 bis 30 Seemeilen länger sein.